Galileo WM CopyCreated with Sketch.
  1. Galileo WM CopyCreated with Sketch.Galileo
  2. Abenteuer
Tschernobyl: Blick auf den Atomreaktor

Tschernobyl: So hat sich das Sperrgebiet geändert

Tschernobyl als Lehrstätte: Ein Fotograf dokumentiert, wie sich die Natur eine verlassene Stadt zurückerobert. Ein Pilz mit Superkräften lockt die NASA an - und der Tourismus boomt. Im Clip: Galileo-Reporter Manuel reist nach Tschernobyl.
Tschernobyl: So hat sich das Sperrgebiet geändert
12

Tschernobyl: Die wichtigsten Fakten im Überblick

  • Am 26. April 1986 ereignete sich die bisher größte Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl und hinterließ bleibende Spuren. Alle Details findest du in unserer Chronologie der Abläufe.

  • Bei der Explosion wurden Kernbrennstoffe wie Plutonium-239 (Pu-239) und Radionuklide wie Strotnium-90 (Sr-90) freigesetzt. Da Cäsium-137 (Cs-137) und Iod leichter und flüchtiger sind, wurden sie hauptsächlich übers Wetter und Höhenwinde in Europa verbreitet.

  • Die Belastung der Gebiete in der Ukraine, Belarus und Russland beträgt stellenweise bis zu 37.000 Becquerel pro Quadratmeter. Nach offiziellen Angaben lassen sich die betroffenen Flächen wie folgt beziffern: In der Ukraine (inklusive der Sperrzone) 41.800, in Belarus 46.500 und in Russland 57.000 Quadratkilometern.

  • Was sich seit dem im Sperrgebiet getan hat, erfährst du unten.

Tschernobyl: Geisterstadt, Naturparadies und Forschungs-Gebiet

  • ☢️

    Die "Chernobyl Exclusion Zone" hat ungefähr eine Fläche von 2.800 Quadratkilometern. Das entspricht etwa der dreifachen Fläche von Berlin. Noch strahlt das Gebiet radioaktiv.

  • 🌱

    Das Sperrgebiet gibt es seit 1986. Dort zeigt sich, wie die Natur sich eine verlassene Stadt zurückerobert.

  • 🦅

    Seltene Tiere wie Bisons, Przewalski-Pferde, Luchse und Adler finden Lebensraum. Sie sind dort (fast) ungestört von Menschen.

  • 🧠

    Forscher:innen untersuchen, wie sich Radioaktivität auf Tiere auswirkt. Laut einer Studie schrumpfen Strahlen das Gehirn von Vögeln, die rund um den Reaktor leben. Es ist fünf Prozent kleiner als bei Artgenossen aus anderen Regionen.

  • 👩‍🔬

    Die NASA erforscht einen schwarzen Pilz im verseuchten Reaktor. Er schützt sich vor Strahlung und wandelt sie sogar in Energie um. Der Strahlen-Pilz könnte künftig nützlich als Krebsmittel und für die Raumfahrt sein.

  • 📷

    Galileo sprach mit dem Fotografen David McMillan. Seine Bilder dokumentieren den Verfall der Stadt Prypjat.

Tschernobyl: Wie ist es da heute so? Galileo-Reporter Manuel war vor Ort

Film: "Tschernobyl - Das Geschäft mit der Katastrophe"

Film: "Tschernobyl - Das Geschäft mit der Katastrophe"

Erst in zehntausenden Jahren werden die bei der Tschernobyl-Explosion freigesetzten, radioaktiven Atome komplett zerfallen sein. Trotzdem boomt der Tourismus vor Ort - und auch für die Forschung ist das Gebiet von großem Interesse.

Lage: Das Kernkraftwerk Tschernobyl und die Sperrzone

Lage Tschernobyl
Die Lage des Kernkraftwerks Tschernobyl und die Entfernung zu Deutschland.
Sperrzone Tschernobyl
Seit 1986 gibt es eine Sperrzone um das Kernkraftwerk.
Lage Tschernobyl
Sperrzone Tschernobyl

Tschernobyl: Betroffene Städte im Sperrgebiete

Das Atomkraftwerk Tschernobyl liegt etwa 1.500 Kilometer von Deutschland entfernt. Zur Landesgrenze nach Belarus sind es lediglich sieben Kilometer, bis zur ukrainischen Hauptstadt Kiew sind es 120 Kilometer. Die Stadt Prypjat ist gerade einmal knapp vier Kilometer entfernt und die namensgebende Stadt für das Atomkraftwerk Tschernobyl ist 18 Kilometer entfernt. Alle diese Gebiete fallen in den Radius der 30 Kilometer-Sperrzone um den Reaktor. Prypjat ist seit der Katastrophe eine Geisterstadt. Die gesamte 30 Kilometerzone gilt für mehrere Tausend Jahre als unbewohnbar.

Urlaub in Tschernobyl: Wir waren dort

Urlaub in Tschernobyl: Wir waren dort

Ein Trip nach Tschernobyl - was erlebt man dort? Wie sicher ist das? Und wer macht in einer radioaktiven Sperrzone Urlaub? Wir begleiten eine Reisegruppe.

Geisterstadt Prypjat: Dokumentation der Veränderung

Lenin Kindergarten Tschernobyl Pripjat
Ein Bild von Lenin: Das Foto zeigt die Wand eines Kindergartens ins Pripjat im...
Boden Kindergarten Tschernobyl Sperrgebiet Fotos
Schuhe liegen auf dem Boden im Kindergarten in Pripjat. Das Bild entstand 2006, also...
Basketballplatz 2007 in der Tschernobyl-Sperrzone
Ein Basketballplatz im Jahr 2007 im Sperrgebiet von Tschernobyl ist überwuchert von...
Lobby Kinderkrankenhaus Bilder Tschernobyl Sperrgebiet
Die Natur kehrt zurück in die Lobby eines Kinderkrankenhauses. Fotografiert im...
Fenster im Kinderkrankenhaus in Prpipjat in der Sperrzone
Durch das Fenster eines Untersuchungsraums im Kinderkrankenhaus Pripjat wachsen...
Lenin Kindergarten Tschernobyl Pripjat
Boden Kindergarten Tschernobyl Sperrgebiet Fotos
Basketballplatz 2007 in der Tschernobyl-Sperrzone
Lobby Kinderkrankenhaus Bilder Tschernobyl Sperrgebiet
Fenster im Kinderkrankenhaus in Prpipjat in der Sperrzone

Tschernobyl: So veränderte sich das Sperrgebiet

Kernkraftwerk Tschernobyl


Mehr Wald, mehr Grün: Der Fotograf David Mc Millan hielt den Blick aufs Kernkraftwerk Tschernobyl 1994 und 2017 fest.
© David McMillan/Galileo

Die Natur bahnt sich ihren Weg zurück. Beeindruckend, wie sich insbesondere der Wald und andere Grünpflanzen ihren Lebensraum innerhalb der 23 Jahre zurückgeholt haben.

Tschernoby Buchladen Pripjat


In der Nähe von Tschernoby befindet sich der Ort Prypjat, der immer weiter verfällt. Hier siehst du, wie ein Buchladen sich veränderte zwischen 2011 und 2017.
© David McMillan/Galileo

Auch der Zerfall von menschlichen Bauten schreitet unaufhaltsam voran. Neben eingestürzten Strukturen holt sich auch in den Gebäuden die Natur ihren Platz zurück.

Pripjat Tschernobyl


Dokumentierter Zerfall: Die Flaggen in einem Schultreppenhaus in Prypjat  1994, 2003, 2009 und 2018.
© David McMillan/Galileo

Menschliche Relikte verblassen, zerfallen und verstauben. Immer weniger ist vom früheren Glanz zu erkennen.

Die Tschernobyl-Katastrophe und ihre Folgen

Die Tschernobyl-Katastrophe und ihre Folgen

Am 26. April 1986 explodierte im Atomkraftwerk Tschernobyl der Reaktor-Block 4. Radioaktive Teilchen wurden tausende Meter hoch in die Atmosphäre geschleudert. Luftströme tragen gesundheitsgefährdende Stoffe über ganz Europa. Was waren die Folgen?

Interview mit Fotograf David McMillan

David McMillan ist Fotograf und reiste seit 1992 insgesamt 22 Mal in die Sperrzone nach Tschernobyl. Was er erlebte, erzählt der Kanadier im Interview.

Es klingt ziemlich verrückt, zig Mal in ein verseuchtes Sperrgebiet zu fahren. Was hat Sie angetrieben?

💬 Es war dort wie in einem Science-Fiction-Roman aus meiner Kindheit. Die Stadt Prypjat war verlassen, aber nicht zerstört. Bei der Explosion im Kernkraftwerk brannte nur der Reaktor, alles andere blieb intakt. Es gab so viele überraschende Motive - wie Bäume, die mitten in Hotelzimmern wuchsen. Ich wollte unbedingt mehr fotografieren. Nach zehn bis 15 Jahren merkte ich dann: Ich war zu einem Zeitzeugen geworden.

Inwiefern?

💬 Ich habe festgehalten, wie Gebäude zerfallen und sich zeitgleich Pflanzen ausbreiten. Die Natur erobert sich ihren Platz zurück. Das zeigen die Bilder in meinem Buch "Growth and Decay. Pripyat and the chernobyl exclusive zone." Es dokumentiert Zerfall und Wachstum.

Was hat Sie am meisten beeindruckt im Sperrgebiet?

💬 Die Stadt wirkte selbst 18 Jahre nach dem GAU, als hätte die Evakuierung erst vor Tagen stattgefunden: In den Schulen lagen noch Hefte mit Notizen auf dem Tisch. Die Menschen haben so viel zurückgelassen. Sie müssen in großer Eile gewesen sein bei der Evakuierung. Die Klassenzimmer sehen noch aus wie in der Sowjetunion damals. Mich faszinierte dieser Blick auf eine Kultur, die nicht mehr existiert.

Wie lange dauerten ihre Besuche - und gab es strenge Sicherheitsvorschriften?

💬 Ich bleib meistens für eine Woche. Anfangs in den 90ern musste ich nur die Kleidung wechseln. Ich sollte nicht mit der gleichen Jeans abends im Hotel essen gehen, mit der ich zuvor im Sperrgebiet rumlief. Ich bekam aber keine Sicherheitskleidung. Von Geigerzählern wussten die Menschen dort gar nichts. Die gab es erst später.

Und wer ließ Sie ins Sperrgebiet hinein?

💬 Die Regierung hatte eine Art Verwaltung aufgebaut, die sich um die Besucher kümmerte. Es waren in den ersten Jahren fast nur Journalisten, Wissenschaftler und Landschaftsarchitekten dort. Ich reiste immer mit Übersetzern und Fahrern. Als ich vor fünf, sechs Jahren den ersten Touristenbus in der Sperrzone sah, staunte ich nicht schlecht.

Atomkraft-Quiz: Kennst du dich aus?

Häufigsten Fragen zum Thema Tschernobyl

  • ⁉️

    Was war der Fehler in Tschernobyl?

    Bei einem Test zur Notstromversorgung wurde durch menschliches Versagen eine verheerende Katastrophe ausgelöst. Auch trugen gravierende Mängel in der Bauweise sowie Defizite in der Sicherheits-Struktur zum Unglück bei.

  • ⁉️

    Haben die Taucher von Tschernobyl überlebt?

    Die "Tschernobyl-Taucher" (Oleksij Ananenko, Walerij Bespalow und Borys Baranow) überlebten ihren damaligen Einsatz. Im Jahr 2005 verstarb Baranow, ein Zusammenhang mit Tschernobyl konnte nicht festgestellt werden. Bespalow und Ananenko sind Stand 2023 noch am Leben.

  • ⁉️

    Wie lange wird Tschernobyl noch strahlen?

    Es mussten etwa 350.000 Menschen nach dem Unfall umgesiedelt werden, 150.000 Quadratkilometer Landfläche wurden langfristig verseucht. Das Gebiet in der 30 Kilometer-Sperrzone gilt für Tausende Jahre als unbewohnbar.

  • ⁉️

    Wann war die Tschernobyl Wolke über Deutschland?

    Am 26. April 1986 zog eine radioaktive Wolke nach dem Reaktor-Unfall von Tschernobyl nach Deutschland. Die damalige Bundesrepublik und DDR waren unvorbereitet, Notfallpläne gab es keine.

  • ⁉️

    War Deutschland von Tschernobyl betroffen?

    Besonders stark wurden Bayern und der Südosten Baden-Württembergs getroffen. Dort sind die Auswirkungen noch immer in Pilzen und Wildfleisch messbar.

Veröffentlicht: 07.05.2023 / Autor: Alena Brandt