
50 Corona-Infizierte pro 100.000 Einwohner: Was steckt hinter dem Inzidenzwert?
Das Wichtigste zum Thema Inzidenzwert
Werden in 7 Tagen 50 oder mehr Neu-Infizierte pro 100.000 Einwohner registriert, müssen Landkreise und kreisfreie Städte handeln. Denn dann ist der sogenannte Inzidenzwert überschritten.
In Zusammenarbeit mit den Landesbehörden müssen sie sofort ein Beschränkungskonzept umsetzen. Strengere Maßnahmen zur Eindämmung von Corona stehen dann an oberster Stelle. Lockerungen werden rückgängig gemacht. Mehr dazu unten.
Dies soll als Notbremse dienen, um eine unkontrollierte Ausbreitung von Covid-19 und somit einen erneuten Lockdown und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Die Maßnahmen gelten solange, bis der Grenzwert mindestens 7 Tage unterschritten wird.
Festgelegt haben Bund und Länder den Inzidenzwert bereits im Mai. Die 50 wurden schon damals kritisiert, da die Datengrundlage dafür klein war, der Bezug zu repräsentativen Stichproben fehlte und die Dunkelziffer unbekannt war (und ist).
Warum gerade 50 Neu-Infektionen? Das wird aus den veröffentlichten Beschlüssen von Mai und Juli nicht genau klar.
Heute kritisieren Experten vor allem, dass der Wert seit Mai nicht angepasst wurde. Mittlerweile wird viel mehr getestet - allein das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Grenzwert überschritten wird.
Die einen kritisieren: Der Wert ist zu hoch
Schon bei der Einführung des Grenzwerts von 50 Neuinfektionen hagelte es Kritik. Viele Experten fanden den Wert damals zu hoch angesetzt. Um eine Ausbreitung zu verhindern, sollte ihrer Meinung nach schon früher die Notbremse gezogen werden.
Bayern hat sogar einen zusätzlichen Frühwarnwert von 35 Neu-Infektionen pro 100.000 Einwohnern eingeführt. Bei diesem Wert müssen die Gesundheitsämter das Gesundheitsministerium über die Ursache der steigenden Fallzahlen informieren und örtliche Gegenmaßnahmen einleiten.
Auch in anderen Bundesländern gibt es solch einen Wert. In Baden-Württemberg heißt er Vorwarnstufe und liegt bei 35, in Niedersachsen bei 30 bis 35 und in Berlin bei 30.
Andere meinen: Der Wert ist heute zu niedrig
Heute finden einige Experten den Wert wiederum zu niedrig angesetzt: Derzeit spiegelten die festgelegten Werte eine Mischung aus Zufallsbefunden und freiwilligen Testungen wider, so Stefan Willich, Direktor am Institut für Epidemiologie an der Charité Berlin am 6. Oktober im "rbb-Inforadio".
Es würde jetzt viel mehr getestet als im Frühjahr. Schon durch die Anzahl der Testungen sei die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Wert überschritten wird.
Auch Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), kritisierte den Schwellenwert in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Zahl 50 stamme aus einer Zeit mit wöchentlich 400.000 Tests und hoher Positiv-Rate.
Inzwischen werde dreimal so viel getestet. Die Zahl müsse den Entwicklungen angepasst werden. Unter Berücksichtigung der niedrigeren Quote an positiv Getesteten käme man aktuell auf einen Schwellenwert von 84 pro 100.000.
Reicht die Zahl der Neu-Infektionen, um die Lage einzuschätzen?
"Wir brauchen die Infektionszahlen, um die Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen", sagte Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig am 9. Oktober in einem TV-Interview.
Doch er rät dazu, auch andere Zahlen zu nutzen, um die Corona-Lage einzuschätzen. Gesundheitsämter und das Robert Koch-Institut stellten weit mehr Daten zur Verfügung, die bei Bewertung der Pandemie berücksichtigt werden sollten.
Wichtig sei vor allem die Zahl der Erkrankungen - "insbesondere die Erkrankung bei den Menschen, die ein hohes Risiko für schwere oder gar tödliche Verläufe haben."
Mögliche Verschärfungen der Schutzauflagen bei 50+ Neuinfektionen
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Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum: z.B. nur Mitglieder eines Haushalts oder maximal 5 Menschen dürfen sich dort gemeinsam aufhalten
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Maskenpflicht an öffentlichen Plätzen. Ob man sich doch draußen anstecken kann, erfährst du hier.
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Maskenpflicht im Schulunterricht
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Beschränkung der Teilnehmerzahl bei öffentlichen Veranstaltungen
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Niedrigere Personen-Obergrenze bei Privat-Veranstaltungen in geschlossenen Räumen und im Freien.
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Alkohol-Verbot am Abend auf den Straßen
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Stärkere Einschränkung des Einzelhandels
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Stärkere Einschränkung der Gastronomie wie Sperrstunden oder Alkohol-Ausschank-Verbot
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Beherbergungsverbote
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Wiederholung von Tests bei Reise-Rückkehrern aus Risiko-Gebieten
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Abriegelung von Gebieten
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