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Impostor-Syndrom: Warum sich manche Menschen für Hochstapler halten

  • Aktualisiert: 10.01.2024
  • 15:17 Uhr
  • Carolin Teuber

Du bist erfolgreich, aber denkst, du hast das gar nicht verdient? Dann leidest du vielleicht am Impostor-Syndrom, im Deutschen als Hochstapler-Phänomen bekannt. Was das genau bedeutet, erfährst du auf dieser Seite. Im Clip: 10 Fragen an einen Psychotherapeuten.

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Das Wichtigste zum Impostor-Syndrom

  • Der Begriff "Impostor-Syndrom" leitet sich vom englischen Ausdruck "impostor" für "Hochstapler, Betrüger" her. Eigentlich bezeichnet der Begriff mehr ein Persönlichkeitsmerkmal als eine Krankheit.

  • Wer am Impostor-Syndrom leidet, plagt sich mit permanenten Selbstzweifeln herum und erkennt eigene Triumphe - vor allem im Beruf, aber auch etwa in Beziehungen - nicht an.

  • Betroffene - Frauen wie Männer - halten sich jedoch nur irrtümlich für Hochstapler:innen. In Wahrheit verdanken sie ihren Erfolg ihren Fähigkeiten.

Definition Impostor-Syndrom: Phänomen oder Krankheit?

Das Impostor-Syndrom geht auf die Psychologinnen Dr. Pauline Rose Clance und Dr. Suzanne Ament Imes zurück. Sie hatten das Phänomen erstmals in einem Artikel im Jahr 1978 beschrieben.

Tatsächlich handelt es sich beim Impostor-Syndrom eigentlich nicht um ein Syndrom. Ein Syndrom ist ein klinischer Begriff, der auftretende Symptome bei einer Krankheit beinhaltet. Das Impostor-Syndrom ist jedoch keine medizinisch klassifizierte Krankheit, sondern eher eine Art Selbstbild beziehungsweise Persönlichkeitsmerkmal.

Daher sprechen Fachleute eher vom Impostor-Phänomen und nicht vom Impostor-Syndrom.

Die genauen Ursachen für das Phänomen sind noch nicht abschließend geklärt. Offenbar können mehrere Faktoren der Auslöser sein, unter anderem die Erziehung. Aber auch ein generell geringes Selbstwertgefühl und eine starke Neigung zu Perfektionismus begünstigen wohl die Entwicklung des Hochstapler-Phänomens.

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Typische Anzeichen fürs Imposter-Phänomen

🙈 Wer am Impostor-Syndrom leidet, zweifelt permanent das eigene Talent und die erbrachte Leistung an. Betroffene leben in ständiger Angst, als Betrüger:in aufzufliegen.

🤞 Betroffene führen Erreichtes aufgrund der Selbstzweifel auf andere Ursachen als ihre Kompetenz zurück: Glück, Zufall oder Einfluss durch andere.

🤯 Ein Teufelskreis: Weil Betroffene fälschlicherweise denken, Lob nicht verdient zu haben, sehen sie die Lösung in noch mehr Arbeit und Überstunden, um nicht entlarvt zu werden.

Imposter-Syndrom oder einfach nur Selbstzweifel?

Interview mit Kay Brauer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Psychologische Diagnostik und Differentielle Psychologie an der Universität in Halle-Wittenberg

Was ist der Unterschied zwischen Selbstzweifeln und dem Hochstapler-Syndrom?

💬 Selbstzweifel betreffen alle Lebensbereiche. Das Hochstapler-Phänomen bezieht sich ausschließlich auf das Erleben von Leistungssituationen, insbesondere mit erfolgreichem Ausgang.

Sie sagen Hochstapler-Phänomen statt Syndrom …

💬 Da Letzteres den Eindruck vermittelt, dass es sich um ein klinisch-relevantes oder störungswertiges Verhalten und Erleben handelt. Das Merkmal wird aber als normal verteilt in der Allgemeinbevölkerung beschrieben.

Welche Personengruppen sind besonders betroffen?

💬 Frauen und Männer gleichermaßen. Es gibt auch keine spezielle Berufsgruppe, die eine hohe Ausprägung aufweist.

Wann ist professionelle Hilfe ratsam?

💬 Das Phänomen beschreibt keine psychische Störung, sondern das Erleben und Fühlen von Leistungssituationen. Sehr hohe Ausprägungen können mit depressivem und ängstlichem Erleben und Verhalten einhergehen. Dann sollte man Hilfe aufsuchen.

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Wie viel Ehrlichkeit braucht der Mensch?

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Hilfe bei Impostor-Syndrom: Tipps zur Überwindung

Da die übermäßigen Selbstzweifel ernsthafte gesundheitliche Folgen wie Burn-outs und Depressionen haben können, sind Gegenmaßnahmen wichtig.

Als Selbsthilfe empfiehlt sich ein Arbeits- und Erfolgstagebuch. Darin halten Betroffene Erreichtes schriftlich oder mit Fotos fest, um sich die eigene Leistung zu vergegenwärtigen. Die Erinnerung fördert den Prozess, sich selbst davon zu überzeugen: Der Triumph war kein Glück oder Zufall!

Auch helfen Feedbackgespräche mit Vertrauten sowie unabhängigen Personen, die eigene Leistung realistisch einzuschätzen.

Anstatt Errungenschaften herunterzuspielen, müssen Betroffene vom Impostor-Syndrom lernen, Komplimente anzunehmen und einfach mal "Danke" zu sagen.

Je nach Ausprägung des Impostor-Phänomens können zudem Coachings oder Therapien bei der Bewältigung helfen.

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Hier erfährst du noch mehr zum Thema

AOK: Impostor-Syndrom

Barmer: Bin ich ein Hochstapler?

IKK: Ist das mein Verdienst oder hatte ich nur Glück?

Clance, P. + Imes, S. (1978) - The imposter phenomenon

Rohrmann, S. (2019) - Wenn große Leistungen zu großen Selbstzweifeln führen

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Häufige Fragen zum Impostor-Syndrom

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