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Misophonie

Misophonie: Was hilft gegen den Hass auf alltägliche Geräusche?

Macht es dich richtig aggressiv, wenn jemand Kekse isst oder die Uhr tickt? Dann hast du vielleicht Misophonie. Was hinter diesem "Selektiven Geräuschempfindlichkeits-Syndrom" steckt und welche Behandlungen dagegen helfen können, erfährst du auf dieser Seite.
Misophonie: Was hilft gegen den Hass auf alltägliche Geräusche?
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Das Wichtigste zum Thema Misophonie

  • Unter Misophonie versteht man eine sehr starke Wut oder Aggression, die durch herkömmliche Geräusche bewirkt wird - und zwar unabhängig von der Lautstärke oder Frequenz. Auslöser für den extremen Ekel sind vermutlich frühere schlechte Erfahrungen. Informiere dich, wie du dich gegen Lärmbelästigung durch Nachbarn zur Wehr setzen kannst.

  • Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern für "Hass" und "Geräusch" zusammen. Er bezeichnet den Hass auf bestimmte alltägliche Laute.

  • Bei dem Phänomen handelt es sich um eine neurologische Störung, die auf einer sogenannten selektiven Geräusch-Intoleranz basiert. Bislang ist das Beschwerde-Bild noch nicht als Krankheit anerkannt worden.

  • Die Symptome sind trotzdem echt: Herkömmliche Töne wie beim Essen eines Kekses können bei Betroffenen extreme Wut verursachen.

Was verbirgt sich hinter Misophonie?

Die Ursprünge einer Misophonie können etwa in der Kindheit liegen. Zum Beispiel in der kaputten Beziehung zu einem ehemaligen Freund, der immer auf eine bestimmte Art und Weise Kekse gekaut hat.

Durch sogenannte Konditionierung koppeln Betroffene diese negativen Erinnerungen an bestimmte, sich wiederholende Sinnesreize. Jedes Mal, wenn Misophoniker den entsprechenden Ton hören, fühlen sie sich in die ungute Lage zurückversetzt. Das ruft ein Gefühl der starken Wut, Herzklopfen, Schweißausbrüche oder sogar Übelkeit hervor.

Bislang ist Misophonie noch keine "anerkannte" Erkrankung. Überhaupt ist das Phänomen abgesehen von etwa der Forschung durch Pawel und Margaret Jastreboff noch wenig untersucht. Das Wissenschaftler-Ehepaar beschäftigte sich in den 1990er-Jahren als erstes mit dem Hass auf Geräusche und gab der Krankheitserscheinung seinen Namen.

Misophonie


Eine einschneidende Folge einer Misophonie kann soziale Abgrenzung sein. Betroffene ziehen sich aus alltäglichen Situationen zurück, um Triggern aus dem Weg zu gehen und Angehörige oder Partner vor emotionalen Ausbrüchen zu schützen.
© picture alliance/dpa-Themendienst

Welche Geräusche triggern Misophoniker?

  • 👂

    Die lautlichen, teils auch visuellen Reize, die radikale emotionale Reaktionen auslösen, nennen Experten Trigger.

  • 👀

    Andere Eindrücke geraten für Misophoniker in den Hintergrund. Die Trigger reißen die volle Aufmerksamkeit der Betroffenen auf sich.

  • 👨‍🏫

    Grundsätzlich kommt eine Vielzahl von Sinnesreizen als mögliche Auslöse-Impulse infrage. Meist entwickeln sich aber nicht die allgemein nervigen Geräusche wie das Schreiben mit Kreide auf einer Tafel zu Triggern.

  • 🖊

    Vielmehr sind übliche Laute wie das Klicken eines Kugelschreibers, das Schniefen mit der Nase, einfaches Kauen oder Atemgeräusche Beispiele dafür.

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  • 😵

    Wegen seiner noch jungen Geschichte und den teilweisen Übereinstimmungen der Symptome mit anderen Krankheiten des Gehörs wird Misophonie noch nicht immer richtig erkannt.

  • 😨

    So wird sie schon mal mit Phonophobie verwechselt. Anders als bei einer Misophonie leiden Betroffene hier aber unter permanenter Angst vor möglichen lauten Geräuschen.

  • 😣

    Bei einer Hyperakusis wiederum quälen sich Betroffene mit einer krankhaften Überempfindlichkeit gegenüber sämtlichem Schall. Hier stören also alle Geräusche und nicht nur bestimmte.

  • 🔊

    Teils wird Misophonie auch mit einer Tinnitus-Erkrankung verwechselt. Tinnitus ist jedoch der Fachausdruck für Ohrgeräusche, die durch Störungen des Hörsystems ausgelöst werden können.

Welche Methoden helfen gegen Misophonie?

Ein heilendes Medikament gegen Misophonie gibt es bisher nicht. Mithilfe von Therapien können Betroffene aber lernen, ihre emotionalen Ausbrüche besser zu kontrollieren. Symptome können dadurch langfristig gelindert werden.

Eine vielversprechende Möglichkeit ist die sogenannte Gegen-Konditionierung. Ärzte und Therapeuten helfen Misophonikern, Geräusche anders zu interpretieren. Anstelle von negativen Erinnerungen sollen die jeweiligen Trigger mit positiven Gefühlen besetzt werden.

Misophonie Konfrontation


Die Konfrontation mit Triggern scheint Misophonikern nur in Momenten der Entspannung zu helfen. Unter Stress droht Betroffenen sogar eine Verstärkung der Trigger.
© picture alliance/dpa-Themendienst

 

🔍 Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige

Auf einer eigenen Webseite klären der Heilpraktiker Andreas Seebeck und Autor Thomas H. Dozier ("Misophonie verstehen und überwinden") Betroffene und Angehörige über Misophonie auf und informieren über mögliche Behandlungen.

Den Alltag erleichtert ihnen zufolge bereits das offene Sprechen über Misophonie. Sogenannte Oasen ohne Trigger können für Betroffene zudem eine Zuflucht sein, die sie entlastet.

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Veröffentlicht: 15.10.2020 / Autor: Galileo