
Medikamente-Mangel: Warum Arzneimittel knapp sind - und was helfen soll
Das Wichtigste zum Medikamente-Mangel
Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland grundsätzlich über eine sehr gute medizinische Versorgung.
Dennoch sind zahlreiche Arzneimittel derzeit vielerorts nicht verfügbar, weil Apotheken nicht genügend Nachschub geliefert bekommen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen herrscht aktuell aufgrund einer anhaltenden Krankheitswelle eine äußerst hohe Nachfrage. Zum anderen bestehen in der Versorgung mit Medikamenten tiefergehende strukturelle Probleme.
Zahllose Medikamente sind knapp
Viele Menschen plagen sich zurzeit mit Erkältungen, Corona, Grippe oder anderen Infektionen herum. Ausgerechnet aktuell fehlen dabei reihenweise Arzneimittel.
Fiebersäfte für Kinder, Schmerzmittel, Antibiotika und auch Krebs-Medikamente: Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArm) mitteilt, sind momentan Engpässe bei über 300 rezeptpflichtigen Medikamenten offiziell gemeldet. Die Dunkelziffer, auch in Bezug auf nicht-verschreibungspflichtige Medikamente, dürfte noch höher sein. Eine allgemeine Unterversorgung droht momentan aber noch nicht.

Das medizinische Personal muss beim aktuellen Medikamente-Mangel vielerorts improvisieren. Mitunter ist ein Ausweichen auf weitgehend vergleichbare Medikamente die Lösung. Dies ist dank der noch gültigen Corona-Ausnahmeregelung vereinfacht möglich.
© picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski
Warum die Arznei-Knappheit herrscht
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Grundsätzlich ist die Ausgangslage aufgrund der - zusätzlich zu Corona - sehr frühen und starken Erkältungs- und Grippewelle außergewöhnlich.
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Dass das Angebot an verfügbaren Medikamenten die aktuell hohe Nachfrage nicht ausreichend bedienen kann, hat darüber hinaus vielfältige Ursachen.
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Ein Hauptproblem sehen Fachleute in der Vergabe von Medikamenten und der grundlegenden Festpreis-Regelung.
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Diese beinhaltet, dass es für jedes Arzneimittel einen vereinbarten Betrag gibt, der sich am günstigsten Preis orientiert und den die Krankenkasse übernimmt.
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Übersteigt der Verkaufspreis in der Apotheke diesen Betrag, müssen Patient:innen die Differenz selbst bezahlen - zusätzlich zur Zuzahlung von meist fünf bis zehn Euro. Gegebenenfalls können sie auf ein günstigeres, vergleichbares Medikament eines anderen Herstellers ausweichen.
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Spezielle Rabatt-Verträge, die Krankenkassen mit einzelnen Herstellern abschließen können, treiben den Preis-Kampf um Medikamente weiter an. Was nützlich klingt, steigert zugleich die Abhängigkeit von Produzenten und deren Arzneien.
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Letztlich verlängern sich dadurch Lieferketten und die Versorgung ist auf wenige Lieferanten angewiesen. Ergeben sich an einer Stelle Probleme, drohen - wie aktuell - Lieferengpässe.
Wie der Medikamente-Mangel behoben werden soll
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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mahnt: Der Preis von Medikamenten war zu lange zu wichtig, während eine unabhängigere Verfügbarkeit vernachlässigt wurde.
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Um das zu ändern, sind sowohl Sofort-Maßnahmen als auch längerfristige Schritte geplant.
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Die Festpreise und Rabatt-Verträge für Kinderarzneien werden abgeschafft. Künftig sollen die gesetzlichen Krankenkassen bis zum Anderthalbfachen des ursprünglichen Festpreises übernehmen.
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Nach Möglichkeit sollen sich Apotheken gegenseitig mit Lieferungen aushelfen. Bei Bedarf - und gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von ärztlichem Rat - dürfen sie für eine kurzfristige Besserung auch selbst Fiebersaft mischen.
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Mittel- bis langfristig soll für mehr Eigenständigkeit und kürzere Lieferketten die Produktion von Medikamenten in Deutschland und Europa gestärkt werden.
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Fachleute fordern für eine schnelle Verbesserung darüber hinaus eine sofortige, zentral organisierte Beschaffungsaktion von vor allem Fiebersäften für Kinder, Antibiotika und Hustenmitteln.
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Auch sollten die Sonderregelungen aus der Corona-Pandemie dauerhaft bleiben, wonach Apotheken bei Lieferschwierigkeiten einfacher auf wirkstoffgleiche Präparate ausweichen dürfen.
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Erneut höhere Beiträge zur Krankenversicherung sind für die Pläne (noch) nicht vorgesehen. Ohnehin werden zahlreiche Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag, den sie je nach finanzieller Situation festlegen, ab 2023 erhöhen.
Wann eine Entspannung der Lage in Sicht ist
Kritiker:innen sehen in den derzeit geplanten Maßnahmen allenfalls eine Aktion zur ersten Hilfe. Insbesondere um Weihnachten und den Jahreswechsel wird die Belieferung mit vielen Medikamenten problematisch bleiben.
Voraussichtlich wird die Knappheit auch im Jahr 2023 anhalten und weitere Medikamente werden betroffen sein, bevor sich die Situation entspannt.
Die Lösung der strukturellen Probleme in der Versorgung mit Arzneimitteln - von der Herstellung über den Einkauf bis zur Lieferung - wird ohnehin noch eine längere Zeit in Anspruch nehmen.
Medikamente-Mangel: Häufig gestellte Fragen
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Welche und wie viele Medikamente fehlen aktuell?
Offiziell sind Engpässe bei über 300 rezeptpflichtigen Medikamenten gemeldet. Dazu zählen vor allem Fiebersäfte, Schmerzmittel, Antibiotika und auch Krebs-Medikamente. Da die Meldung freiwillig ist, dürfte die Dunkelziffer noch höher ausfallen. Hinzu kommen nicht-verschreibungspflichtige Medikamente, die teils ebenfalls knapp sind.
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Warum herrscht aktuell ein Medikamente-Mangel?
Die derzeitigen Lieferengpässe sind auf zahlreiche Ursachen zurückzuführen. Zum einen sind ausgesprochen viele Menschen krank, wodurch die Nachfrage außergewöhnlich hoch ist. Zum anderen bestehen grundlegende strukturelle Probleme in der Versorgung mit Medikamenten, die vor allem durch die Festpreis-Regelung und spezielle Rabatt-Verträge begründet sind. Dennoch droht nach derzeitigem Stand keine allgemeine Unterversorgung.
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Wie und wann wird der Medikamente-Mangel gelöst?
Kurzfristig werden die Festpreise und Rabatt-Verträge für Kinderarzneien abgeschafft. Apotheken sollen einander nach Möglichkeit mit Lieferungen unterstützen. Auch dürfen sie selbst Fiebersaft mischen. In der Zukunft soll die Produktion von Medikamenten in Deutschland und Europa gestärkt werden. Fachleute gehen davon aus, dass die Liefer-Engpässe bei Medikamenten auch im Jahr 2023 weiterbestehen werden, bevor sich die Lage entspannt.