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Special Olympics: Darum ist Sport für geistig behinderte Menschen so wichtig

Mehr als 25.000 Deutsche mit geistiger Behinderung trainieren regelmäßig in Vereinen. Mit den Special Olympics World Games in Berlin bekommt Sport für Menschen mit geistiger Behinderung jetzt endlich eine große Bühne.

Special Olympics: Darum ist Sport für geistig behinderte Menschen so wichtig
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Das Wichtigste zum Thema Sport für Menschen mit geistiger Behinderung

  • In Deutschland leben rund 320.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Rund acht Prozent von ihnen trainieren regelmäßig. Seit 1991 nimmt ein deutsches Team auch an den Special Olympics World Games teil, den Weltsportspielen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung.

  • Viele treten in klassischen Sportarten wie Schwimmen, Volleyball, Leichtathletik, Tennis, Rhythmischer Sportgymnastik oder Klettern an. Meist ist das Regelwerk leicht abgeändert. Mehr erfährst du unten.

  • Immer mehr Sportvereine öffnen sich auch Athlet:innen mit geistiger Behinderung. Allerdings brauchen sie immer noch mehr Sichtbarkeit. Dabei helfen Großereignisse wie die Special Olympics World Games. Sie finden 2023 das erste Mal in Deutschland, vom 17. bis 25. Juni in Berlin, statt. Team Deutschland startet mit 414 Athlet:innen.

  • Willst Du mehr über den langen Kampf der Anerkennung von Athlet:innen mit geistiger Behinderung erfahren und warum der Sport für sie und eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft so wichtig ist? Dann lies weiter.

Sport mit geistiger Behinderung und Inklusion

Während Sport für Menschen mit körperlicher Behinderung auch durch die Paralympics mittlerweile eine größere Sichtbarkeit erreicht hat, weiß die Gesellschaft meist wenig über Sport für Athlet:innen mit geistiger Behinderung. Die Special Olympics World Games in Berlin sollen dies nun ändern. Rund 7.000 Athlet:innen treffen sich dort zum Wettkampf. Das ist die größte Mehrfach-Sportveranstaltung in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972.

Special Olympics Deutschland (SOD) setzt, wie die internationale Mutterorganisation, auf ein breites Sportangebot in Sommer- wie Wintersportarten, Mannschafts- und Individualsportarten. Niemand soll ausgeschlossen werden, alle mit Spaß ihre sportlichen Ziele verfolgen. Durch eine Einteilung in Leistungsgruppen erhalten nicht nur die Besten eines Landes die Möglichkeit, an Wettbewerben teilzunehmen. So werden für möglichst viele vergleichbare Wettkampfbedingungen geschaffen. Die Organisation sieht sich nicht so sehr als Vertreterin des Spitzensports, sondern eher des Breitensports.

Du kannst die Special Olympics auch bei Prosieben.de verfolgen.

National Games


Handball: Hier kämpft das Inklusions-Damen-Team "Wiesel" vom TSG Wiesloch im türkisenen Trikot bei den Special Olympics National Games 2022 gegen SO Denmark in lila. Am Ball ist die Spielerin Margarita Ryltoft Schultz.
© LOC/Camera4/Annegret Hilse

Das bedeutet auch inklusive Sportangebote. So öffnen sich immer mehr Sportvereine Athlet:innen mit geistiger Behinderung. Besonders wichtig, um Hemmschwellen und Berührungsängste abzubauen, sind die Unified-Sportarten. Hier treiben nicht behinderte Athlet:innen und behinderte Athlet:innen gemeinsam Sport, kämpfen im selben Team. So können sie voneinander lernen. Diese Teams sind aber nicht nur zu Wettbewerben wichtig, sondern vor allem im sportlichen Alltag, im Training auf Vereinsebene, in Schulen oder bei Freizeiteinrichtungen.

Der Sport gibt Menschen mit geistiger Behinderung eine Plattform, verschafft ihnen Sichtbarkeit und hilft ihnen, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben. Willst Du wissen, warum das so wichtig ist und welche positiven Aspekte der Sport noch mit sich bringt? Weiter unten erfährst Du mehr.

Special Olympics: Sechs Sportarten mit neuen Regeln

  • Fußball: Meist wird Sieben gegen Sieben oder Acht gegen Acht gespielt. Es gibt aber auch Fünf gegen Fünf oder das klassische Elf gegen Elf. Es gibt auch Unified-Spiele. Außerdem steht noch Futsal auf dem Programm, eine Art "kleiner Bruder des Fußballes". Mehr darüber findest Du auf unserer Seite zu den Special Olympics 2023 in Berlin.

  • 🏇

    Reiten: Springreiter:innen müssen Hindernisse überwinden, die allerdings nicht so hoch sind. Neben Dressur, in der Reiter:innen und Pferde harmonisch Figuren zeigen, gibt es die Geschicklichkeitswettbewerbe. Hier absolvieren Reiter:in und Pferd verschiedene Parcours-Stationen - ohne Sprung. Dazu gehören Halten über einer Stange oder das Abreiten eines Zick-Zack-Weges. Auch das Voltigieren, bei dem Sportler:innen akrobatische Kunststücke auf dem Pferd zeigen, gibt es als Disziplin.

  • 🥋

    Judo: Die Wettkampffläche ist 8 x 8 Meter groß, ein Kampf dauert drei Minuten. Steht es dann unentschieden, gewinnt die Person, die den ersten Punkt macht. Teilnehmer:innen müssen mindestens einen weiß-gelben Gürtel haben und werden durch einen Skilltest vorher in drei Gruppen eingeteilt, um das Leistungsniveau vergleichbar zu halten. Damit niemand vorzeitig ausscheidet, werden Wettkämpfe immer in einem Pool von höchstens sechs Athlet:innen ausgetragen. Jeder kämpft gegen jeden. Wer die meisten Siege verbuchen kann, gewinnt.

  • 🛶

    Kanu: Bei Special Olympics Deutschland werden sowohl Kajakwettbewerbe, also mit Doppelpaddel, angeboten als auch Kanadier, also mit Stechpaddel. International finden nur Kajakrennen statt. Alle Athlet:innen müssen vorher in einem Test über 25 Meter ihre Schwimmkenntnisse zeigen. Sie tragen auch im Boot immer eine Schwimmweste.

  • 🏃‍♂️

    Leichtathletik: Lauf, Sprung und Wurf sind im Programm. Läufer:innen absolvieren Strecken von 25 Meter bis zu zehn Kilometern, den Halbmarathon oder den Marathon. Auch Staffeln gehen an den Start. Neben Hochsprung gibt es beim Weitsprung zusätzlich auch Sprünge aus dem Stand. Außer Kugelstoßen gibt es auch Ballwurf und Minispeer-Wurf.

  • Schneeschuhlaufen: Natürlich gibt es auch zahlreiche Wintersportarten wie Ski Alpin, Langlauf, Eiskunstlauf oder Snowboardfahren und Eisschnelllauf. Neben diesen Klassikern wird auch Schneeschuhlaufen als Wettbewerb ausgetragen. Die finden über Strecken von 25 Metern bis zu zehn Kilometern statt. Außerdem gibt es noch andere spezielle Sportarten, die nur bei Special Olympics im Programm sind.

Ein langer Weg der Anerkennung

Weitsprung


Weitsprung: Bei den Special Olympics kann in verschiedenen Wettkämpfen mit Anlauf oder aus dem Stand gesprungen werden. Das Foto zeigt Lea Wohlfahrt bei den National Games 2022 in Berlin.
© LOC/ camera4/Tilo Wiedensohler

In den 50er- und 60er-Jahren herrschte noch eine Trennung zwischen Sport für Menschen mit und ohne Behinderung. Erst in den 70ern wurden inklusive Ansätze erwogen. Es gab verschiedene, meist regionale kleinere Angebote, die Pionierarbeit leisteten.

International gesehen, fanden die ersten Special Olympics 1968 in den USA statt. 1991 nahm das erste Mal eine deutsche Delegation in Minneapolis teil. Das war auch das Jahr, in dem sich Special Olympics Deutschland gründete. 1992 fand das erste nationale Special Olympics Fußball-Turnier mit 1.200 Teilnehmer:innen in der Lüneburger Heide statt. 1998 gibt es die ersten National Summer Games in Deutschland, 1999 die ersten National Winter Games.

Bis ins Jahr 2000 nahmen Sportler:innen mit geistiger Behinderung auch an den Paralympics teil. Ein Rückschlag war der Skandal um das spanische Basketball-Team in Sydney. Einige Spieler hatten nur vorgegeben, geistig behindert zu sein. Das führte dazu, dass Menschen mit geistiger Behinderung von den Paralympics ausgeschlossen wurden, da anscheinend erst einmal überdacht werden musste, welche Prüfverfahren in Zukunft angewendet werden sollten. Seit 2012 in London sind wieder Menschen mit geistiger Behinderung bei den Paralympics zugelassen.

2013 trägt Deutschland das erste Mal die Special Olympics World Games in Berlin aus. Team Deutschland geht mit 414 Athlet:innen an den Start. 59 davon sind nicht behinderte Unified-Partners. Gemeinsam geben sie ihr Bestes.

Sport für Menschen mit geistiger Behinderung: Darum ist er so wichtig!

  • 🤝

    Teilhabe: Das Trainieren im Verein, die Teilnahme an Wettkämpfen lässt die Spotler:innen aktiv an der Gesellschaft teilhaben. Sie erhalten Sichtbarkeit und können Zeichen gegen Diskriminierung setzen. Auch durch die Unified-Teams werden Barrieren abgebaut, Vorurteile fallen.

  • 👍

    Selbstbewusstsein: Ein Erfolgserlebnis bei einem Sieg oder einer Platzierung stärkt das Selbstvertrauen. Aber es geht gar nicht um das Gewinnen.

  • 💪

    Selbstbestimmung: Die Athleth:innen und Athleten bestimmen selbst, welche Sportart sie wann und wo ausüben wollen, an welchen Wettbewerben sie teilnehmen möchten. Dies wirkt sich auch auf das Leben über den Sport hinaus aus und hilft, einen selbstbestimmten Alltag voller eigener Entscheidungen zu führen.

  • 🫶

    Interaktion: Ob es sich nun um klassischen Mannschaftssport handelt oder aber um Individual-Sportarten, das gemeinsame Trainieren und die gemeinsame Teilnahme an Wettbewerben sensibilisiert alle für das menschliche Miteinander. Freude, Wünsche, Sorgen und Ängste werden miteinander geteilt. Sport ist das ideale Umfeld, um Achtsamkeit zu leben, die Bedürfnisse und Gefühle des anderen zu respektieren.

  • 🩺

    Gesundheit: Der Sport stärkt Fitness, Ausdauer, das Immunsystem, Knochen, Muskeln und unterstützt allgemein die Gesundheit. Viele Sportarten verbessern die Motorik und helfen, ein besseres Körperbewusstsein zu entwickeln.

Häufige Fragen zu Sport für Menschen mit geistiger Behinderung

  • ⁉️

    Welche Sportarten gibt es für geistig Behinderte?

    Grundsätzlich alle, die der Breitensport zu bieten hat. Es gibt Sommer- wie Wintersportarten, dazu zählen Ballsport, Leichtathletik, Schwimmen, Turnen, Ballsportarten, Skifahren, Eiskunstlauf und andere. Meist sind die Regeln leicht abgeändert. Außerdem werden bei internationalen Wettbewerben auch nicht olympische Sportarten wie Boccia, Bowling, Futsal oder Schneeschuhlaufen ausgetragen.

  • ⁉️

    Nehmen Menschen mit geistiger Behinderung an Paralympics teil?

     Ja, allerdings weitaus weniger als Athlet:innen mit körperlicher Behinderung. Von 4.400 behinderten Sportler:innen 2021 in Tokio waren nur 120 geistig behindert.

  • ⁉️

    Was fällt unter geistige Behinderung?

    Die Mehrheit der Expert:innen spricht bei einem IQ zwischen 70 und 85 von einer Lernbehinderung. Unter 70 wird häufig der Begriff leichte Intelligenz-Minderung gewählt und unter 50 ist es eine mittlere bis schwere geistige Behinderung. Aber auch diese Einteilungen sind umstritten.

  • ⁉️

    Was ist die häufigste geistige Behinderung?

    Das ist im Allgemeinen schwer zu sagen, da einige Überbegriffe und Diagnosen fließend sind, und/oder parallel auftreten können. Oft wird als häufigste geistige Behinderung auf Grund genetischer Ursachen das Down-Syndrom genannt. Auch hier streitet die Fachwelt.

  • ⁉️

    Warum ist Sport für Menschen mit geistiger Behinderung so wichtig?

    Neben den vielen gesundheitlichen Aspekten wie Fitness, Stärkung des Immunsystems oder der Knochen und Muskeln, ermöglicht der Sport Menschen mit geistiger Behinderung vor allem eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Sie verbuchen Erfolgserlebnisse, erleben eine Gemeinschaft und Selbstbestimmtheit, erhalten Sichtbarkeit.

Veröffentlicht: 15.06.2023 / Autor: Sven Hasselberg