
Methusalem-Tiere: Warum Schildkröten, Wale und Grottenolme so alt werden
Das Wichtigste zum Thema Methusalem-Tiere
Kleiner Downer zu Beginn: Wir alle sind irgendwann tot. In Deutschland liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei etwa 80 Jahren. Aber - um die Stimmung zu heben: Alle 4 Jahre steigt die Lebenserwartung um 1 Jahr.
Damit sterben wir recht jung: Grönlandwale werden stolze 200 Jahre alt, die älteste Aldabra-Schildkröte zählte 256 Jahre und Grönlandhaie werden sogar bis zu 500 Jahre alt.
Forscher wollen den Prozess des Alterns besser verstehen, indem sie Tierarten untersuchen, die erstaunlich lang leben.
Und sie kommen dem Geheimnis immer näher. So können Wissenschaftler das Leben von Fadenwürmern von 19 auf 126 Tage verlängern.
Wäre da nicht der Grottenolm, der sie immer noch vor Rätsel stellt, könnte man sagen: Wir haben das Altern verstanden. Aber der wird mehr als 100 Jahre alt - und bei allem, was wir so wissen, können sich Forscher das nicht erklären.
Welches Tier wird am ältesten?
Keep calm and get old: Niedriger Puls bedeutet langes Leben
Die "Rate-of-Living-Theory" ist so alt wie manche Tiere, deren Alter sie erklären will. Vereinfacht gesagt, bedeutet sie: Je schneller das Herz schlägt, desto kürzer das Leben.
Sie geht auf den amerikanischen Biologen Raymond Pearl zurück, der 1928 davon ausging, dass jedes Lebewesen ein bestimmtes Budget an Herzschlägen zur Verfügung hat. Außerdem stützt er sich auf die Beobachtung, dass besonders große Tiere, besonders lang leben.
Auf den ersten Blick scheint die Beobachtung zu stimmen: Ein Blauwal (Herzschläge/Minute: 4-8) wird zwischen 80 und 90 Jahren alt. Eine Etruskerspitzmaus (Herzschläge/Minute: 1.200) darf nur mit 2 Jahren Leben rechnen.
Das sind die ältesten Tiere
Radikales Problem: Wie die moderne Altersforschung das Altern erklärt
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Besonders alte Tiere sind nicht immer besonders groß, wie zum Beispiel der Granatbarsch aus der Bildergalerie. Deswegen fanden Wissenschaftler ein modernes Update der alten Rate-of-Living-Theory.
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Sie hängt mit den "Freien Radikalen" zusammen, die in unseren Zellen ständig produziert werden.
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Freie Radikale sind hochreaktive Sauerstoffmoleküle, die als Zwischenprodukt des Stoffwechsels anfallen. Ähnlich wie Dynamit können sie aus anderen Molekülen Elektronen "heraussprengen".
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Selbst die DNA ist vor solchen Angriffen nicht sicher. Auf Dauer können die Schäden nicht mehr repariert werden, man altert - und stirbt irgendwann. So die Theorie.
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Forscher können diese Theorie bereits anwenden, um das Leben von Fadenwürmern von 19 auf 126 Tage zu verlängern.
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Sie stimulieren Gene des Fadenwurms, die für den molekularen Schutz gegen Freie Radikale zuständig sind. Das Ergebnis: Ein verlängertes Leben.
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Diese Erklärung begründet das Altern also auch mit dem Stoffwechsel. Vor allem mit dem Energieumsatz, vereinfacht gesagt: Wie viel Energie eine Zelle braucht, um zu leben.
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Der Energieumsatz von Schildkröten ist besonders gering. Sie werden auch erstaunlich alt.
Ist der Code des Alterns also geknackt? Nicht so schnell, sagt der Grottenolm.
Dürfen wir vorstellen: der Grottenolm. Er bringt maximal 20 Gramm auf die Waage, sein Energieumsatz ist weder niedrig, noch ist sein Schutz gegen Freie Radikale über die Maßen ausgeprägt. Grottenolme werden über 100 Jahre alt, was Forscher vor ein ungelöstes Rätsel stellen.
Seit fast 60 Jahren beobachten französische Wissenschaftler eine Kolonie von Grottenolmen, die - wie der Name schon vermuten lässt - in dunklen Höhlen leben. Noch konnten Forscher keinen kompletten Lebenszyklus beobachten. Allerdings zeigen manche Grottenolme selbst mit 60 Jahren noch keine Zeichen des Alters.

Grottenolme sind zwar nicht sehr hübsch, aber sie erreichen ein unerklärlich hohes Alter: 100 Jahre. Und Forscher wissen nicht warum.
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