Galileo WM CopyCreated with Sketch.
  1. Galileo WM CopyCreated with Sketch.Galileo
  2. Weltall
Grafik vom Satellit Adler-1

Weltraumschrott: Bringt dieser Mini-Satellit endlich den Müll runter?

Millionen Trümmerstücke rasen um die Erde. Erst kürzlich sorgte ein russischer Raketen-Test für Chaos - und noch mehr Schrott. Höchste Zeit aufzuräumen, sagen Expert:innen. Und es gibt auch schon Ideen, wie das gehen kann. Eine heißt Adler-1: Der kleine Satellit soll im Dezember 2021 auf große Schrott-Jagd gehen.
Weltraumschrott: Bringt dieser Mini-Satellit endlich den Müll runter?
12

Das Wichtigste zum Thema Weltraumschrott

  • Um die Erde kreist eine Müllwolke aus alten Raketen, kaputten Satelliten und Trümmern explodierter Raumfahrzeuge: Die NASA zählt fast eine Million Teile mit mehr als einem Zentimeter Größe.

  • Forschende befürchten, dass es bald zu einem Müll-GAU im All kommt. Beim sogenannten Kessler-Effekt löst ein Crash von 2 Satelliten eine Kettenreaktion von immer neuen Zusammenstößen aus. Weitere Trümmerteile entstehen, die dann ihrerseits mit anderen kollidieren und so weiter.

  • Der meiste Weltraumschrott bewegt sich in Höhen zwischen 800 und 1.000 Kilometer. Falls es dort zu einer Kettenreaktion kommt, könnte dieser Bereich für Astronaut:innen unpassierbar werden.

  • Zusammenstöße im Weltraum sind Realität. 2009 prallten ein US- und ein russischer Satellit mit dem Wahnsinns-Tempo von mehr als 40.000 Stunden-Kilometern zusammen.

  • Und erst kürzlich musste die ISS gleich 2 Mal an einem Tag geräumt werden, weil eine Trümmerwolke auf sie zuraste - verursacht durch einen abgeschossenen Satelliten. Mehr dazu gleich.

  • Ewiger Schrott: Schon in 800 Kilometern Höhe umkreisen Satelliten die Erde bis zu 150 Jahre, bevor sie in die Atmosphäre eintreten. Bei 1.000 Kilometer sind es bereits bis zu 10.000 Jahre!

  • Ein Clean-Up im All ist fällig. Ein fleißiger Helfer sitzt schon in den Startlöchern: Adler-1, ein kleiner Satellit, den Forschende aus Österreich entwickelt haben. Mehr dazu weiter unten.

Chaos im All: russischer Raketen-Test sorgte für eine Trümmerwolke

Am Montag, den 15. November, musste die ISS gleich 2 Mal evakuiert werden - die Belegschaft, darunter auch der deutsche Astronaut Matthias Maurer, flüchteten in 2 separate, an der ISS angebrachte Raumschiffe.

Der Grund war gefährlicher Weltraumschrott, der unkontrolliert auf die Raumstation zuflog - verursacht durch den Test einer russischen Anti-Satelliten-Rakete (kurz: ASAT-Rakete). Diese Raketen werden speziell dafür gebaut, Satelliten - meist feindliche - zu zerstören.

Den Test hat die Rakete bestanden - sie zerschmetterte das Ziel-Objekt, den 1982 ins All geschickten russischen Satelliten "Zelina-D", in schätzungsweise 1.500 Einzelteile. Der Test gefährdete jedoch auch das Leben der ISS-Crew, weshalb er international in große Kritik geriet.

Adler-1: So soll der Mini-Satellit für Ordnung im All sorgen

Satellit Adler-1 steht auf Tisch


Der Mini-Satellit Adler-1 ist nur 30 Zentimeter lang und 10 Zentimeter breit - hier ein Modell auf einem Schreibtisch. Er entstand aus der Zusammenarbeit des ÖWF (Österreichisches Weltraumforum) und den beiden Firmen Findus Venture und Spire Global.
© picture alliance/APA/picturedesk.com

Rekordverdächtig: In nur einem Jahr entwickelte ein österreichisches Forscherteam im Silicon Valley den Satelliten Adler-1, der im All rund ein Jahr lang auf Schrott-Jagd gehen soll - und im Laufe des Dezembers 2021 starten soll.

Laut den Entwicklern sind solche "Small Sats" (besonders kleine Satelliten) die Zukunft - Adler-1 sei erst der Anfang: "5 Tonnen schwere Satelliten, die ein Jahrzehnt Planung, Bau und Milliarden verschlingen, werden von wenige Kilo leichten Kleinsatelliten mit deutlich kürzerer Entwicklungszeit verdrängt", glaubt Christian Federspiel, CEO von Findus Venture.

Aber was macht Adler-1 da oben im All? Er beobachtet in 600 Kilometern Höhe, wie sich Weltraumschrott verhält. Mit einem Radargerät und einer Art Mikrofon spürt er umherfliegenden Weltraumschrott auf - selbst die kleinsten Partikel in Sandkorngröße.

Der Small Sat beseitigt also keinen Weltraumschrott, sondern sammelt wichtige Daten über ihn. Woher kommen die Teilchen, wohin fliegen sie? Wie groß und wie schnell sind sie? Alles wichtige Details, die später das Aufräumen

im All erleichtern.

2025 will die ESA im Rahmen der Mission ClearSpace-1, einen großen Satelliten zum Einsammeln von Weltraumschrott, ins All schicken - mehr dazu unten in der Bildergalerie.

10 Fragen an Matthias Maurer

10 Fragen an Matthias Maurer

Matthias Maurer startete am 31. Oktober auf die ISS. Es ist sein erster Trip ins Weltall. Er hat sich jahrelang darauf vorbereitet. Wir haben ihm 10 Fragen gestellt!

Wie entsteht Weltraumschrott überhaupt?

  • 🥇

    Sputnik 1 war der erste Satellit im All. Seine Batterie hatte nur Power für 2 Wochen. Dank der geringen Flughöhe von 200 bis 900 Kilometern entsorgte er sich nach nur 92 Tagen selbst.

  • 🚀

    Machtdemonstration: Amerikaner, Russen und Chinesen schossen mit Raketen jeweils einen ihrer alten Satelliten ab. Allein die Zerstörung des chinesischen Fengyun-1C erzeugte etwa 40.000 neue Schrott-Teilchen von über einem Zentimeter Durchmesser.

  • 👩‍🚀

    Im Weltraum-Drama "Gravity" wird Sandra Bullock als Astronautin fast Opfer eines Kessler-Syndroms. Achtung, Spoiler: George Clooney stirbt dabei.

  • Safety first: Kommt ein Trümmerstück der ISS zu nahe, schickt die Bodenstation die Besatzung in eine angedockte Sojus-Kapsel, bis die Gefahr vorübergeflogen ist.

  • 💥

    10-mal schneller als eine Kanonenkugel: Mit mehreren 10.000 km/h saust Weltraumschrott durchs All. Selbst kleine Teile werden bei dieser Geschwindigkeit zu gefährlichen Geschossen.

  • 🗑

    Schraubenzieher, Kameras, Zahnbürste: Bei Außeneinsätzen ist den Astronauten schon so manches Teil aus der Hand gerutscht - und jetzt ebenfalls als Geschoss unterwegs.

Weltraumschrott ist auch eine Gefahr für Satelliten

Wieviele Satelliten fliegen im Weltall
Wie schnell kollidieren Satelliten?
Wieviele Satelliten fliegen im Weltall
Wie schnell kollidieren Satelliten?

Gefahr durch Mega-Satelliten-Schwärme

Auch Preisverfall bringt Schrott ins All. Denn Satelliten zu bauen, wird immer billiger. Wurden früher einige Dutzend pro Jahr in den Orbit geschossen, dürften es bald schon Tausende sein.

Tech-Gurus wie Milliardär Elon Musk planen, Schwärme von mehr als zehntausend Satelliten ins All zu schicken, die in einem weltumspannenden Netz Internet auf die Erdoberfläche funken sollen.

Einziger Trost: Viele von ihnen fliegen in niedriger Höhe und verglühen innerhalb weniger Jahre, wenn sie ausfallen.


Unternehmen wie SpaceX und Oneweb planen erdumspannende Satellitennetze.
© AIRBUS

So soll das All gereinigt werden: Müll-Fischen im Weltraum

ISS-Einschlag
Auch kleinste Trümmerteile werden im Weltraum zur Gefahr. So hinterließ ein...
Rakete hebt ab
Seit 1957 starteten mehr als 5.000 Raketen, deren Reste die Erde umkreisen. SpaceX...
Wasserstoff-Tank eines Space Shuttles treibt im Weltall
Doch bis irgendwann mal alle Raketen heile wieder landen, werden ihre Teile weiter...
ESA-Raumschiff ATV Albert Einstein beim Eintritt in der Athmosphäre
Bringt das noch was - oder kann das weg? In der Regel werden Raumstationen...
Satellit testet Entsorgungs-Methoden im Weltall
Viele Satelliten fliegen aber zu hoch, um allein in die Atmosphäre zurückzufallen....
Harpune soll Weltraumschrott einfangen
Unter anderem wurde im Weltraum eine Harpune ausprobiert, mit der ausgefallene...
Wurfzelte können im Weltall Satelliten einfangen
Hab' dich! Satelliten lassen sich auch mit Wurfnetzen einfangen, wie Versuche in der...
ClearSpace-1 soll Weltraumschrott in die Atmosphäre ziehen
Die ESA lässt ebenfalls einen Weltraumschlepper entwickeln. Ab 2025 soll...
Satelliten mit leeren Treibstofftanks
Eine andere Idee ist, mit einem Weltraumschlepper an den Satelliten anzudocken, wenn...
ISS-Einschlag
Rakete hebt ab
Wasserstoff-Tank eines Space Shuttles treibt im Weltall
ESA-Raumschiff ATV Albert Einstein beim Eintritt in der Athmosphäre
Satellit testet Entsorgungs-Methoden im Weltall
Harpune soll Weltraumschrott einfangen
Wurfzelte können im Weltall Satelliten einfangen
ClearSpace-1 soll Weltraumschrott in die Atmosphäre ziehen
Satelliten mit leeren Treibstofftanks

Kann uns Weltraumschrott auf den Kopf fallen?

Pfandrückgabe aus dem Kosmos: Durchschnittlich jeden Tag fällt ein kleineres Stück Weltraumschrott vom Himmel - bisher ohne jemanden zu treffen. Denn meistens landen die Teile im Meer oder in der sibirischen Tundra. Doch nicht immer lässt sich ihr Weg beim Eintritt in die Atmosphäre genau berechnen.

Größere Reste der US-Raumstation Skylab fielen 1979 ins australische Outback. Die Verwaltung des Örtchens Esperance verdonnerte die NASA daraufhin zur Zahlung von 400 Dollar wegen unerlaubter Müllentsorgung.


Pauline Grewar fiel 1979 ein Stück Raumstation auf ihre Schafweide.
© Geoff Grewar, courtesy of Esperance Museu

Verwandte Themen

Raumfahrt
Veröffentlicht: 16.11.2021 / Autor: Peter Schneider