
Staub, Gas und eine Kernfusion: Wie entstehen eigentlich Planeten?
Das Wichtigste zum Thema Planetenentstehung
Wir sind alle Sternenstaub. Was sich nach einem lyrischen Songtext anhört, ist harte physikalische Erkenntnis.
Denn Astrophysiker:innen sind sich einig: Die Planeten und damit auch wir stammen aus einer riesigen Wolke aus Gas und Staub, die um die blutjunge Sonne rotierte.
Sowohl die Sonne als auch die Wolke um sie herum stammen wiederum aus der Explosion eines Vorgängersterns, Stichwort Supernova.
Warum Planeten so weit weg und auf gestreckten Bahnen um die Sonne ziehen, bleibt aber mysteriös. Moderne Astrophysik bedeutet daher, am Computer im Schnelldurchgang zu simulieren, wie sich Planeten bilden. Knackpunkt: Nicht immer kommt dabei heraus, was Wirklichkeit ist.
Als handfeste Beweise gelten dagegen Bilder aus fernen Sternensystemen. Astronom:innen gelingt es mittlerweile, Planeten im "Babyalter" zu fotografieren.
Kurios: Die Grundlagen der heute akzeptierten Hypothese sind mehr als 300 Jahre alt! 1796 entwickelte der französische Astronom Pierre-Simon Laplace seine "Nebular-Hypothese", nach der die Planeten aus einer erweiterten Sonnenatmosphäre stammen.
Der solarer Nebel: Ursprung des Sonnensystems
Zunächst bildete sich aus einer Gaswolke - vermutlich der Rest einer Supernova - ein großer Gasball, in dem vor 4,6 Milliarden Jahren die Kernfusion zündete: unsere Sonne.
Um diese Baby-Sonne rotierte eine scheibenartige Wolke aus Gasen und Staub, nur millionstel Millimeter große Teilchen. Diese protoplanetare Scheibe gilt als die Geburtsstätte der Planeten und aller Himmelskörper im Sonnensystem (hier eine sehr übersichtliche Darstellung in Englisch).
Protoplanetare Scheiben im Orion-Nebel
Protoplanetare Scheiben lassen sich gut außerhalb unseres Sonnensystems beobachten. So konnte das Weltraumteleskop einige im Orionnebel entdecken. Diese 1350 Lichtjahre entfernte Gaswolke in der Milchstraße ist so etwas wie eine Entbindungsstation für neugeborene Sterne.
Die Geburt der Planeten
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Aus der heißen Gaswolke um die Babysonne schlugen sich zuerst Silikatstaub nieder, Millionstel Millimeter kleine Teilchen aus Gestein.
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Wollmaus-Prinzip: Einem theoretischen Denkmodell zufolge lagerten sich die Staubteilchen in der protoplanetaren Scheibe aneinander. Dabei bildeten sie Klümpchen, so genannte Planetesimale. Zwar kollidierten diese Zusammenlagerungen ständig und zerlegten sich wieder in ihre Einzelteile. Aber unterm Strich entstanden mehr Planetesimale als vernichtet wurden.
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Sobald Planetesimale etwa so groß waren wie ein Kühlschrank, hielt die Schwerkraft sie zusammen. Als Folge wuchsen größere Körper schneller als kleine ("Runaway-Prozess").
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Modellrechnungen von Astrophysikerinnen haben ergeben, dass einige Planetesimale auf diese Weise innerhalb von nur 100.000 Jahren zu Protoplaneten heranwuchsen, die so groß werden konnten wie der Mond. Als der Staub aufgebraucht war, wuchsen die Körper nur noch, in dem sie zusammenstießen und miteinander verschmolzen.
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Da die Sonne das Gas der Scheibe in ihrer Nähe wegblies, sind die inneren Planeten von Merkur bis Mars (und natürlich die Erde) Gesteinsplaneten. Weiter draußen wuchsen so große Planetesimale heran, dass sie mit ihrer Schwerkraft auch das restliche Gas aus der protoplanetaren Scheibe auf sich zogen. Aus ihnen formten sich die Gasplaneten.
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Alternatives Denkmodell: Nach dem englischen Astrophysiker James Jeans bildeten sich in der protoplanetaren Scheibe Wirbel, in denen sich mehr Gas und Staub zusammenballen als an anderen Stellen. Sie verdichten sich durch ihre eigene Schwerkraft und formten so die Gasplaneten. Moderne Theoriev-Versionen verbinden häufig beide Modelle.
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Den Rechenmodellen der Wissenschaftler:innen zufolge dauerte es etwa zehn Millionen Jahre, bis die heutigen Planeten "fertig" waren.
Planeten: Staubsauger im All
Sobald sich ein Planet aus der protoplanetaren Scheibe gebildet hat, zieht er alle Materie auf seiner Umlaufbahn an sich und räumt sie dabei wie ein gigantischer Staubsauger leer. Auf Bildern zeigen sich solch leer geräumte Planetenbahnen als Lücke in der Scheibe wie (vermutlich) hier im 450 Lichtjahre entfernten und gerade einmal eine Million Jahre alten Sternsystem HL Tauri.
Foto einer Planetengeburt
Wissenschaftler:innen ist es sogar gelungen, einen Babyplaneten quasi bei der Geburt zu beobachten. Laut Astronom:innen der Universität von Arizona saugt der Exoplanet LkCa 15b immer noch Material seiner Umgebung auf, wie die Strahlung von 9700 Grad heißem Wasserstoffgas und das Glühen von heißem Staub zeige. Zuletzt fanden Forscher:innen im April 20222 einen Babyplaneten mit der neunfachen Masse von Jupiter.
Das Nizza-Modell: ein Plan für die Entstehung des Sonnensystems
Die Theorien für Planetengeburten hat die Astrophysiker:innen lange nicht zufriedengestellt. Sie erklären nicht, warum die Bahnen der Gasplanten heute so langgestreckt sind und so weit draußen im All verlaufen. Etwas muss passiert sein, nachdem die Planeten fertig waren.
Ein Team aus dem französischen Nizza ersann in den 1990ern daher das bis heute anerkannte Nizza-Modell (auf englisch: "nice model"), wie es im Sonnensystem danach weiterging. In Kurzform: Mit ihrer Schwerkraft schleuderten Jupiter und Saturn Abertmillionen von übriggebliebenen Planetesimalen (alias die heutigen Asteroiden) in alle Richtungen des Sonnensystems (hier eine Simulation im YT-Video) und lösten unter anderem das "große Bombardement" auf der Erde aus.
Das zerrte das aber auch an den Gasriesen, woraufhin sie anfingen, aus der Bahn zu geraten und allmählich durchs Sonnensystem zu wandern - bis sie schließlich auf ihren jetzigen Orbits landeten.
Lücke hinterm Mars: Asteroidengürtel statt Planet
Sobald Jupiter und Saturn zu einer bestimmten Größe angewachsen waren, ließe ihre Schwerkraft mutmaßlich keinen weiteren Planeten zwischen Mars und Jupiter mehr zu. Daher rotiert in dieser Lücke womöglich der Asteroidengürtel um die Sonne - ein ausgedehntes Band von Trümmerstücken.