
50 Jahre Watergate-Affäre: Die Verschwörung des US-Präsidenten Richard Nixon
Das Wichtigste zur Watergate-Affäre
Die Watergate-Affäre (kurz Watergate) begann in der Nacht zum 17. Juni 1972, als in Washington DC. Einbrecher im Watergate-Gebäudekomplex festgenommen wurden. Zu der Zeit befand sich dort das Hauptquartier der Demokratischen Partei.
Die Einbrecher wollten die Wiederwahl-Kampagne des republikanischen Präsidenten Richard Nixon vorantreiben. Sie hatten versucht, Abhörsysteme in den Büros der Demokraten zu installieren und Dokumente zu stehlen, um belastendes Material gegen Nixons Konkurrenten zu sammeln.
Die Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein deckten die Zusammenhänge zwischen den Einbrechern und dem Weißen Haus als erste auf. Ihre Recherchen sowie staatliche Ermittlungen ergaben, dass Nixons Vertraute sowie der Präsident persönlich mehrfach ihre Macht missbraucht und Verbrechen begangen hatten.
Als die kriminellen Machenschaften der Regierung 1973 öffentlich enthüllt wurde gegen Nixon das erste Amtsenthebungs-Verfahren in der US-Geschichte eingeleitet. Um einer Verurteilung zu entgehen, trat der Präsident am 9. August 1974 zurück - auch das war in den USA bis dahin noch nie vorgekommen.
Watergate revolutionierte die Bedeutung der Pressefreiheit sowie des investigativen Journalismus, auch über die USA hinaus. Die Arbeit von Woodward und Bernstein etablierte die Presse als einen wesentlichen Baustein der Demokratie.
Richard Nixon: Der gefährliche Präsident
Die 1960er Jahre waren eine bewegte Dekade für die USA: Im Kalten Krieg mit der Sowjetunion konnte sie 1962 nur knapp den Dritten Weltkrieg verhindern, 1963 wurde ihr Präsident John F. Kennedy ermordet, ab 1964 war sie offiziell im Vietnam-Krieg involviert. Letzerer wurde für die Regierung der Vereinigten Staaten schnell zur größten Herausforderung der kommenden zwei Jahrzehnte.
In diese bewegte Zeit fielen auch die Präsidentschaftswahlen von 1968, welche der Republikaner Richard Nixon für sich entschied. Er hatte dem Volk unter anderem einen schnelles und für die USA akzeptables Ende des Vietnam-Krieges versprochen. Tatsächlich bemühte sich Nixon auch um eine Entspannung im Kalten Krieg und zog erstmals Soldaten aus Südostasien ab.

Am 20. Januar 1969 wurde Richard Nixon als 37. US-Präsident vereidigt. Er hatte versprochen, einen schnellen Frieden in Vietnam herbeizuführen, ohne dass die USA dabei wie der Verlierer wirken würde.
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Hintergründig aber verlieh der Präsident dem Konflikt eine neue Dimension. In dem Versuch, seine Gegner an den Verhandlungstisch zu zwingen, veranlasste er teils wahre Bombenhagel auf Nordvietnam und Indochina.
Als Reaktion darauf veranstalteten Amerikaner:innen im ganzen Land Anti-Kriegs-Proteste, Massendemos und Friedensmärsche.

Mehr als eine halbe Million Demonstrant:innen überfluteten 1971 die amerikanische Hauptstadt Washington DC. Die Kundgebung wurde zur größten Aktion gegen den Vietnam-Krieg und Präsident Nixon. Sie dauerte 16 Tage lang.
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Auch innenpolitisch hatte Nixon kein besonders gutes Image. Sein ausgeprägtes Freund-Feind-Denken, seine offene antisemitische und rassistische Haltung sowie sein Misstrauen gegenüber den US-Demokraten, liberalen Kriegsgegner:innen und der Presse brachten ihm den Ruf eines paranoiden, radikalen Machtpolitikers ein.
In seinem Verfolgungswahn ließ der Präsident geheime Abhörsysteme im Weißen Haus installieren, um alle Gespräche im Oval Office sowie an ausgewählten Telefonen und Räumen auf Band aufzeichnen zu können.

Nixon 1972 bei einem Telefonat mit der israelischen Premierministerin Golda Meir. Dank seiner Abhöranlage wurde auch dieses Gespräch im Geheimen aufgenommen.
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Von düsteren Aussichten zum größten Skandal der Geschichte
Als die Wahlen von 1972 anstanden, waren Nixons Aussichten auf einen erneuten Sieg unsicher. Um sich die kommende Legislaturperiode zu sichern, gründete der Republikaner das Komitee zur Wiederwahl des Präsidenten (CRP), offiziell dargestellt als Fundraising-Organisation für seine Wahlkampf-Kampagne.
Außerdem rekrutierten Nixon und sein Stab fünf ehemalige FBI- und CIA-Agenten, die als Plumbers ("Klempner") bezeichnet wurden. Gemeinsam entwickelten die beiden Gruppierungen einen Spionageplan gegen Nixons Konkurrenz im Wahlkampf - die Demokratische Partei und ihren Spitzenkandiaten George McGovern.
17. Juni 1972: Die Affäre nimmt ihren Lauf
In der Nacht des 17. Juni 1972 brachen die Plumbers in den Watergate-Gebäudekomplex in Washington DC ein, wo sich die Büros der Demokraten befanden.
Ihre Mission bestand darin, Abhörgeräte zu installieren und Dokumente zu fotografieren, um belastendes Material gegen McGovern und seinen Stab zu sammeln. So sollten die Demokraten öffentlich diskreditiert und Nixons Wiederwahl gesichert werden

Ihren Namen vedankt die Watergate-Affäre diesem Gebäudekomplex in Washington D.C.
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Ein Wachmann bemerkte jedoch die Einbrecher und verständigte die Polizei. Die fünf Männer wurden auf frischer Tat ertappt und um 2.30 Uhr morgens noch vor Ort festgenommen. In ihrem Besitz befanden sich Abhörgeräte, 2.300 Dollar in bar und Filmrollen.
Journalisten und das FBI ermitteln, Nixon dementiert
Die Aktion erregte schnell das Aufsehen der Washington Post, eine der größten amerikanischen Tageszeitungen. Zwei junge Reporter der Post, Bob Woodward und Carl Bernstein, wurden mit der Recherche zu den Vorfällen, zur Identität der festgenommenen Männer sowie zu ihren Motiven beauftragt.
Andere Medien hingegen ignorierten die Vorfälle weitgehend, und Nixon konnte im November 1972 einen großen Wahlsieg erringen.

Bob Woodward (rechts) und Carl Bernstein waren maßgeblich an der Aufdeckung der Watergate-Affäre beteiligt.
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1973 wurden die Watergate-Einbrecher sowie zwei CRP-Mitarbeiter vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt.
Woodward und Bernstein entdeckten während der Verfahren Anzeichen dafür, dass die Auftraggeber des Einbruchs mit Nixons engsten Vertrauten beziehungsweise mit seinem Wahlkomitee in Verbindung standen. So geriet Nixon selbst plötzlich in den Verdacht, die Spionageakte angestiftet oder zumindest von ihnen gewusst zu haben.
Obwohl der Präsident jegliche Mitschuld leugnete, begannen das FBI, die US-Justizbehörden und ein Sonderausschuss des US-Senats ebenfalls zu ermitteln und Stabsmitglieder aus dem Weißen Haus zu verhören.

Die Watergate Hearings wurden im Sommer von 1973 öffentlich im Fernsehen übertragen und von Millionen von Amerikaner:innen live mitverfolgt. Es wurde gewitzelt, das Verfahren sei die "heißeste Seifenoper" des Jahres.
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Nach und nach stießen die Ermittler auf immer mehr Fälle von Amtsmissbrauch und Verbrechen, in welche Nixon persönlich oder durch Mitglieder seiner Regierung direkt verstrickt war. So kam es unweigerlich zu einem gewaltigen politischen Skandal.
Skandale über Skandale: Was durch Watergate über Nixons Regierung bekannt wurde
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Einbruch-Serie: Der Einbruch in die Büros der demokratischen Partei war mehr als nur eine Straftat - es war der Versuch, den US-Wahlkampf mithilfe illegaler Spionage- und Sabotageakte zu manipulieren. Nixons Plumbers hatten zudem schon vor dem Watergate-Vorfall mehrere politisch motivierte Einbrüche gegen Gegner des Präsidenten verübt.
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Behinderung der Justiz: Der Präsident und seine Regierung widersetzten sich während der Watergate-Ermittlungen der amerikanischen Justiz, um ihre Straftaten zu verschleiern. Sie machten sowohl öffentlich als auch vor Gericht bewusst Falschaussagen und brachten Zeug:innen mit viel Geld zum Schweigen.
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Spionage: Kurz nach Nixons Amtsantritt in 1969 heuerte das Weiße Haus einen Privatdetektiv an, der belastende Informationen über politische Gegner:innen sammeln und diese den Medien unterschieben sollte. Außerdem ließ der Präsident Mitarbeiter:innen im Weißen Haus, prominente Journalist:innen sowie Privatleute im Geheimen beschatten.
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"Huston Plan": Ein Berater im Weißen Haus, Tom C. Huston, hatte 1970 in einem 43-seitigen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, die als "linksradikale Staatsfeinde" betrachteten Gegner:innen des Vietnam-Krieges durch Wohnungseinbrüche sowie mit illegaler elektronischer und postalischer Überwachung unter Kontrolle zu halten. Huston schlug gar vor, Straflager eigens für Anti-Kriegs-Demonstrant:innen zu errichten.
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Nixons Feindeslisten: Nixon ließ seine politischen Hauptgegner:innen auf "Feindeslisten" setzen. Die Kreditwürdigkeit der Betroffenen sollte manipuliert werden, sodass sie keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten und in den Fokus der obersten Steuerbehörde der USA - der IRS - gerückt würden. Betroffen waren über 200 Personen und Unternehmen - der Großteil von ihnen Medienschaffende.
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Finanzierung des CRP: Nixons Wiederwahl-Komitee finanzierte sich im Verborgenen durch Spenden von mächtigen Konzernen und Milliardären, die Einfluss auf die Politik in Washington nehmen wollten. Auch die Watergate-Einbrecher waren aus diesen Fonds entlohnt worden.
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Steuerhinterziehung: Nixon persönlich wurde verdächtigt, Steuern zu hinterziehen. Zunehmend unter Druck geraten veröffentlichte er schließlich seine Steuererklärungen. 1974 kam heraus, dass der Präsident dem Staat vier Jahre an Steuerzahlungen vorenthalten hatte.